Warum Pegida wichtig ist


Pegida das Schmuddelkind

Mit Pegida sollte man nicht reden. Die Pegida Demos gehören verboten. Bei Pegida laufen Neonazis mit. Bei Pegida hört man fremdenfeindliches. Bei Pegida sind Rassisten dabei. Hast Du mal gehört, was die für krudes Zeug reden?

Ja, das habe ich. Ich habe gelesen, mir Videos und Bilder der Demos angeschaut. Und ich stehe dem meisten, was ich höre, lese, sehe diametral gegenüber.  Aber ich halte es auch mit diesem Satz von Evelyn Beatrice Hall (der auch gerne Voltaire zugeschrieben wird1):

Ich verachte Ihre Meinung, aber ich gäbe mein Leben dafür, dass Sie sie sagen dürfen.

Und das hat zwei Gründe. Zum einen ist die Meinungsfreiheit nichts wert, wenn sie nur für meine Meinung gilt. Zum anderen zeigt Pegida, dass auch Ihre teilweise befremdlichen Äußerungen eine Bereicherung für unsere Gesellschaft darstellen. Die Pegida Demonstrationen in Dresden haben dazu geführt, dass zehntausende für ein buntes Deutschland, für Asylanten, für Menschen auf die Straße gegangen sind. Sie setzen sich wieder mit gesellschaftlichen und politischen Themen auseinander. Lange Zeit ging niemand für nichts auf die Straße. Viele hatten die Lust am Streiten und Demonstrieren verloren. Aber sie haben nie das Interesse an einer gerechten Gesellschaft verloren (das gilt aus Sicht der “Spaziergänger” in Dresden sicher auch für Pegida). Und der Grund für diese positive Entwicklung ist nichts anderes, als die Demonstrationen in Dresden.

Pegida behauptet nicht ausländerfeindlich oder rassistisch zu sein, sie behaupten keine Nazis zu sein. Letzterem gebe ich sogar recht. Die Forderung nach einem dritten Reich habe ich von Pegida noch nicht gehört. Und dies ist eines der Merkmale, die man nutzt um Neonazis von Rechtsradikalen oder -extremen abzugrenzen. Ich würde nicht mal so weit gehen sie als Rechtsradikal oder Rechtsextrem einzustufen. Fremdenfeindliche oder Rassistische Forderungen kann man den Schildern, Äußerungen, ja sogar dem Positionspapier von Pegida  (von dem bis heute nur ein kleiner Teil auf den Kundgebungen verlesen wurde) aber durchaus entnehmen. Wenn z.B. eine Integrationspflicht gefordert wird, stellt sich schnell die Frage nach Kontrollen, die Kriterien und Mechanismen benötigen würden. Eine Diskriminierung der Asylsuchenden wäre aus meiner Sicht unvermeidbar, die Gratwanderung zu menschenunwürdiger Behandlung der Migranten dabei sicher. Und wenn Lutz Bachmann Flüchtlinge für Altersarmut verantwortlich macht ist das auch nichts anderes als plumper Rassismus.

Wir brauchen einen Dialog

Und trotzdem halte ich eine Auseinandersetzung mit Pegida, für unumgänglich. Wenn die Gesellschaft diese Menschen weiterhin ausgrenzt und ohne jegliche Differenzierung als Neonazis bezeichnet, sind wir zum einen nicht besser als Pegida, zum anderen werden wir niemanden davon überzeugen, dass seine Haltung falsch ist. Und vielleicht stellen wir in einer Auseinandersetzung auch fest, dass Teile unserer Haltung gegenüber Pegida falsch sind. Nur in einem Dialog können sich beide Seiten weiter Entwickeln und sich einander annähern. Ohne Dialog werden Teile von Pegida vielleicht irgendwann aufgeben und nicht mehr “Spazieren” gehen. Aber Ihre Grundhaltung wird sich nicht geändert haben, eine weitere Beteiligung am Gesellschaftlichen Diskurs wird danach wohl eher nicht mehr stattfinden. Ein wesentlich kleinerer Teil wird sich sehr wahrscheinlich radikalisieren und zur Gewalt greifen. Beides kann von unserer Gesellschaft nicht gewollt sein. Deswegen brauchen wir einen Dialog, müssen wir friedlich mit Ihnen streiten und sollten das tun, was man in einer Demokratie tut: gemeinsam neue Wege finden.

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1 Tatsächlich beschrieb Hall in dem Buch “Friends of Voltaire” mit diesem Satz die Haltung von Voltaire zur Meinungsfreiheit.

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